Mitarbeiter:innenbeteiligungen durch ESOP und VSOP

November 4, 2023.

In der dynamischen Welt der Start-ups, in der der Wettbewerb intensiv ist und sich Start-ups auch mit etablierten Unternehmen und Konzernen messen müssen, stellt die Suche nach und die Bindung von hochqualifizierten und motivierten Mitarbeiter:innenn für Star-ups eine ständige Herausforderung dar. Eine effektive Methode, um Mitarbeiter:innen zu motivieren und sie langfristig zu binden, ist, sie direkt oder indirekt am Unternehmenserfolg teilhaben zu lassen.

Begriff der Mitarbeiter:innenbeteiligungen

Der Begriff der Mitarbeiter:innenbeteiligungen ist sehr weit, da diese sehr verschieden ausgestaltet sein können. Unternehmen können ihre Mitarbeiter:innen beispielsweise durch Bonusvereinbarungen, Tantiemen oder Meilensteinzahlungen am Erfolg des Unternehmens beteiligen. Dabei kann eine solche Beteiligung an die Erreichung persönlicher Ziele der Mitarbeiter:in, unternehmerischer Ziele des Unternehmens oder einer Mischung aus beidem geknüpft sein. Eine Mitarbeiter:innenbeteiligung kann ebenfalls durch Kapitalbeteiligung erfolgen, wie beispielsweise Beteiligungen an GmbH-Gesellschaftsanteilen, an Belegschaftsaktien oder Beteiligungen über Mitarbeiter:innengesellschaften.

Für Start-ups ist die Mitarbeiter:innenbeteiligung durch Zuwendung von Geschäftsanteilen eher üblich als Gewinnbeteiligungen, da Start-ups in der Regel daran interessiert sind, ihre Gewinne primär in das Wachstum des Start-ups zu investieren, anstatt diese laufend an die Mitarbeiter:innen:innen auszuschütten. Im Fall von Investoren:innenbeteiligungen machen die Investoren:innen dies sogar regelmäßig zur Bedingung für ein Investment.

Hier ist zwischen echten Beteiligungen (ESOP) und unechten Beteiligungen (VSOP) zu unterscheiden.

Employee Stock Ownership Plan (ESOP)

Bei ESOP handelt es sich um Unternehmensbeteiligungen, bei denen Mitarbeiter:innen echte Anteile (oder Aktien) des Unternehmens erwerben. Durch ESOP erhalten Mitarbeiter:innen die Anteile an dem Unternehmen häufig nach einer gewissen Mindestdauer der Betriebszugehörigkeit (sog. „Cliffs“) kostenlos oder zu einem vergünstigten Preis als Teil ihres Vergütungspakets. Dabei werden die Anteile durch einen Prozess abgesichert, bei dem sie schrittweise über einen bestimmten Zeitraum hinweg freigegeben werden (sog. „Vesting“).

Die Übertragung der Gesellschaftsanteile erfordert eine entsprechende Anpassung der Gesellschaftsunterlagen, die notariell beurkundet und in das Handelsregister eingetragen werden muss. Neben diesem Kosten- und Organisationsaufwand, können ESOP zudem zu einer Steuerbelastung der Mitarbeiter:innen führen. Dies gilt insbesondere dann, wenn diese nicht seit der Gründung Gesellschafter:in des Unternehmens sind. Denn während die Gründer:innen die Gesellschaftsanteile zum sog. Nennwert erhalten haben, könnte der Wert der Anteile bis zum Zeitpunkt der Mitarbeiter:innenbeteiligung gestiegen sein. Sollte dies der Fall sein, liegt in der Differenz und einer entsprechenden Wertsteigerung ein geldwerter Vorteil, dessen Zuwendung nach §§ 8 Abs. 2 und 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG einkommensteuerpflichtig ist.

Dies wird für die Beschäftigten vor allem dann zum Problemfall, wenn die Steuerlast hoch ist und der Vermögensvorteil (noch) nicht verwertet werden kann. Denn regelmäßig ist eine Veräußerung der ESOP an eine Bedingung geknüpft ist. Können die Unternehmensanteile beispielsweise nur im Fall eines Exits (Unternehmensverkauf) veräußert werden und ist diese Bedingung noch nicht eingetreten, kann die Steuer nicht aus dem Veräußerungserlös bedient werden. Man bezeichnet dies als sog. „trockene Steuerlast“.

Nicht zuletzt deshalb, aber zum Beispiel auch, weil die Gesellschafter:innen regelmäßig den Gesellschafter:innenkreis klein halten und die Beschäftigten nicht mit einer formalen Gesellschafter:innenstellung ausstatten möchten, die ihnen Stimm- und Mitspracherechte gewähren und Abstimmungsprozesse womöglich verkomplizieren würde, bieten sog. „VSOP“ als „unechte“ Unternehmensbeteiligungen für Start-ups eine sehr gute Alternative.

Virtual Stock Ownership Plan (VSOP)

Durch VSOP werden Mitarbeiter:innen lediglich virtuell so gestellt, als würden ihnen in Höhe einer vereinbarten Beteiligungsquote Geschäftsanteile an dem Unternehmen zugewendet, ohne dass sie dabei tatsächlich reale Geschäftsanteile erhalten. Ist die Mitarbeiter:innenbeteiligung zum Beispiel an den Verkauf des Start-ups (Exit) geknüpft, entsteht durch VSOP lediglich eine schuldrechtliche Verpflichtung, die Mitarbeiter:innen mit dem jeweiligen Anteil an dem Verkaufspreis (häufiger der Wertsteigerung) zu beteiligen, sobald die Bedingung eintritt.

Dies hat steuerlich erhebliche Auswirkungen, da durch die nun fehlende „echte“ Gesellschafter:innenstellung der Beschäftigten die Vorschriften für Anteile an Kapitalgesellschaften keine Anwendung finden. Sollte es zu Ausschüttungen von Gewinnen kommen, würden diese als Arbeitslohn bewertet werden. Treten zudem die Bedingungen des VSOP ein, die einen Anspruch auf Erfüllung der schuldrechtlichen Forderung auslösen, müssen die Vermögensvorteile erst versteuert werden, nachdem sie der Mitarbeiter:in zugeflossen sind.

Auch für die Existengründer:innen sind die Vorteile der VSOP gegenüber den ESOP nicht von der Hand zu weisen. Denn diese sparen sich neben dem gesellschaftsrechtlichen Aufwand zudem den Gang zur Notar:in, sowie die Kosten für die notarielle Beurkundung der Übertragung der Gesellschaftsanteile und Eintragung in das Handelsregister. Zum anderen können sie die Mitarbeiter:innenbeteiligungen durch Vesting-Regelungen flexibel ausgestalten und die Beschäftigten anstatt mit Mitspracherechten mit einem bloßen Informationsrecht ausstatten.

Hierauf solltest du ebenfalls achten

Die Mitarbeiter:innenbeteiligungen durch ESOP und VSOP ist sehr komplex, so dass auf ihre Ausgestaltung im Weiteren nur umrisshaft eingegangen werden kann. Daher seien nachfolgend nur einige wenige Aspekte genannt, die Existenzgründer:innen und Start-ups zusätzlich beachten sollten.

  • Die Beteiligung durch ESOP und VSOP ist häufig an den Eintritt der Bedingung des Exits geknüpft. Ist ein solches Ereignis durch die Existenzgründer:innen überhaupt nicht vorgesehen, ist die Mitarbeiter:innenbeteiligung durch ESOP und VSOP auch nicht die richtige Form der Mitarbeiter:innenbeteiligung. 
  • Ist die Mitarbeiter:innenbeteiligung durch ESOP und VSOP die richtige Form der Mitarbeiter:innenbeteiligung, ist es wichtig, die jeweiligen (VSOP-) Bedingungen für die Parteien klar und transparent zu definieren. Dies beugt etwaigen Missverständnissen, enttäuschten Erwartungshaltungen und sich möglicherweise anschließenden streitigen Auseinandersetzungen vor.
  • Die Beteiligung der Mitarbeiter:innen durch ESOP und VSOP sollte zudem vergleichbar ausgestaltet werden. Es ist sehr gut begründbar, warum nur bestimmte Mitarbeiter:innen ab einer gewissen Unternehmensebene am Unternehmen beteiligt werden. Erfüllen die Mitarbeiter:innen:innen jedoch die Kriterien für die Beteiligung in vergleichbarer Weise, dürften diese nicht auf wesentlich ungleiche Weise beteiligt werden. Dies gilt beispielsweise für die Höhe der Beteiligung, insbesondere bei VSOP aber auch für die Ausgestaltung der einzelnen Vesting-Regelungen.
  • Sind an dem Unternehmen Investoren:innen beteiligt oder sollen diese beteiligt werden, dürften diese regelmäßig auf einen ungekürzten Anteil am Erlös des Unternehmensverkaufs bestehen, ohne dass dieser durch Mitarbeiter:innenbeteiligungen verwässert wird. Dies kann dazu führen, dass entsprechende Mitarbeiter:innenbeteiligungen nach Zahlung sog. „Liquiditätspräferenzen“ (zB. Steuern) regelmäßig aus dem Erlösanteil bedient werden, der den Existenzgründer:innen zusteht.

Fazit

Die Beteiligung der Mitarbeiter:innen durch ESOP oder VSOP bietet viele Vorteile und ist vor allem bei Start-ups weit verbreitet. Sie kann dazu beitragen, die Motivation der Mitarbeiter:innen:innen zu steigern und ein Gefühl der Zugehörigkeit und des Engagements für das Unternehmen zu fördern. Hierdurch können entsprechende Mitarbeiter:innenbeteiligungen der Unternehmensbindung und der Förderung der langfristigen Unternehmensstabilität dienen.

Die Ausgestaltung der jeweiligen Programme kann rechtlich jedoch sehr komplex sein und sollte stets von einer Anwält:in begleitet werden. Hierzu zählt vor allem bei ESOP auch die Prüfung etwaiger steuerlicher Auswirkungen des Programms auf die an dem Programm beteiligte Person. Hierbei unterstütze ich dich sehr gern, bei Bedarf auch in Zusammenarbeit mit einer erfahrenen Steuerberater:in.